Ein Flug vom Winter ins Frühjahr – St. Johann/Tirol, Zell am See, Niederöblarn.
Bevor es mit den Auslandsflügen wieder losgeht, machen wir jedes Jahr einen ausgedehnten Flug in Österreich. Besonders interessant ist es im Frühjahr, den Übergang vom Winter zum Sommer vom Flugzeug aus mitzuerleben. Und da wiederum im Gebirge, das noch tief verschneit ist, aber die Skisaison meistens schon ein Ende gefunden hat. Dieses Mal ging es von Seitenstetten nach St. Johann in Tirol – Zell am See – Niederöblarn und wieder zurück. Also über die Hauptskigebiete der Hohen und Niederen Tauern.
Nach mehreren wettermäßig schlechten Wochenenden und dem Strum Niklas war endlich ein schöner Freitag vorausgesagt, den es zu nützen galt. Die „neue“ D-EERD wurde vollgetankt und das Fuel-Scan Gerät eingestellt, sodass es auch eine rechnerische Treibstoffverbrauchs-Kontrolle gab. Nach dem Start erlaubte uns Linz-Radar einen Steigflug auf 7.000 Fuß, dann sorgte Wien-Information für Traffic-Information. Es war wolkenlos, die Sicht aber leider etwas diesig. Nach dem tiefverschneiten Traunstein, dem Höllengebirge, dem Schafberg und dem Tennengebirge war es Zeit, uns bei Wien-Information ab und bei Salzburg-Approach anzumelden. Sofort erhielten wir eine Freigabe für den Durchflug der Salzburg Kontrollzone in der gewünschten Höhe und Richtung.
Nun kamen wir zum ersten Highlight, das ich im Vorjahr vom Land aus besucht hatte, dem Obersalzberg und das Kehlsteinhaus. Im 3. Reich war das die strengst bewachteste Gegend, weil dort der „Führer“ seinen Berghof hatte. Zu seinem 50. Geburtstag wurde ihm auf den Kehlstein eine spektakuläre Straße gebaut und das Kehlsteinhaus auf 1.827 Meter errichtet. Die Serpentinenstraße, der Parkplatz und das Haus selbst lagen noch unter einer tiefen Schneedecke, erst ab Frühsommer ist wieder Bus und Gastronomiebetrieb. Weil der Berghof nach dem Krieg abgerissen wurde, sind nur mehr die Grundmauern zu sehen. Das Informationszentrum Obersalzberg und die anderen Anlagen waren aber gut zu erkennen. Beim Abdrehen über Berchtesgaden zum Königssee zischte plötzlich wie aus dem Nichts ein Paragleiter an uns vorbei – ein schöner Schock! Im Unterschied zur Hochsaison waren am Königssee noch keine Schiffe zu sehen, und auch das Echo hört man in 7.000 Fuß nicht. Dafür aber den steilen schneebedeckten – fast furchteinflößenden, 2.713 Meter hohen Watzmann, von dem es viele Legenden und ein Musical gibt. Zwischen Reiteralpe, Steinernes Meer und Loferer/Leoganger Alpen hindurch ging es über Fieberbrunn zum Direktanflug nach St. Johann auf Piste 31. Mit dem Betriebsleiter Reinhard Haggenmüller habe ich vor 47 Jahren am Spitzerberg die Fluglehrerausbildung gemacht. Er hat bei Staats-, Europa- und Weltmeisterschaften große Karriere gemacht und selbst jetzt reizt es ihn noch immer, bei Meisterschaften sein Können unter Beweis zu stellen.
Nach kurzem Aufenthalt starteten wir nach Zell am See. Die besonders interessante Strecke führt über Kitzbühel, zur Linken das Kitzbühler Horn, zur Rechten die weltberühmte Hahnenkamm Skiabfahrt. Unter uns die Häuser der vielen Prominenten und natürlich auch das von Toni Sailer und dem umschwärmten Hans Hinterseer. Interessant ist, dass überall dort, wo es permanent präparierte Skipisten gibt, diese auch bis ins Tal noch schneeweiß sind, während es daneben schon total aper ist. Am großen Rettenstein/Pass Thurn waren noch alle Lifte in Betrieb, aber wenige Skifahrer. Südlich grüßten die tiefverschneiten über 3.000 Meter hohen Gebirgszüge Großvenediger, Granatspitze und Großglockner, unter uns die Blizzard Skifabrik in Mittersil, wo ich vor über 40 Jahren als Eybl/Intersport-Einkäufer Skiposten aufgekauft habe.
Von Zell am See erhielten wir bald einen Direktflug auf die Piste 08. Nach Landenummer 3 parkten wir das Flugzeug auf dem übervollen Abstellplatz. An diesem ersten richtig schönen Flugtag herrschte ein reges Kommen und Gehen. Auf der Terrasse ließen wir uns Kaffee und Kuchen gut schmecken und genossen den herrlichen Sonnenschein, sowie den Ausblick auf das nahe Kitzsteinhorn. Die Skiabfahrten von der Schmittenhöe waren schon ziemlich aper und der Skibetrieb eingestellt.
Weiter ging es zu den Hauptskigebieten Bad Gastein, das Skigebiet Amade und die Schischaukel im Bereich Radstadt, Schladming und Haus. Überall das gleiche Bild, die präparierten Pisten noch makellos, am Rand grüne Vegetation. Mancherorts waren auch noch Skilifte in Betrieb. Vom Flugzeug aus kann man die Skischaukeln, die sich über etliche Berge und Täler spannen, gut erkennen. Als Skifahrer hat man zu tun, an einem Tag hin und retour zu kommen. In Wagrein/Altenmarkt, die Atomik Skifabrik, die mich ebenfalls an meine Einkaufstätigkeit erinnert. Zur Linken das markante Tennengebirge und der Dachstein, im Süden die Radstädter und Schladminger Tauern.
Nach so vielen Eindrücken war es Zeit, sich auf die Landung in Niederöblarn auf Piste 04 vorzubereiten. Im Gegensatz zu Zell am See kaum Funksprüche und auch am Boden schien es als wären wir das einzige Gastflugzeug. Die Hangars voll mit Flugzeugen, aber nur ein Segelflugzeug am Start. Zu meiner Segelflugzeit herrschte um diese Jahreszeit bereits reger Flugbetrieb. Man fragt sich, ob die Fliegerei generell rückgängig ist, oder nur die Deutschen ausbleiben?
Nun ging es in das heimatliche Skigebiet Tauplitz, Wurzeralm, Warschenck und Hinterstoder. Vorbei am markanten Grimming, waren nach kurzem Steigflug diese Gebiete errreicht. Auch hier wieder das gewohnte Bild. In größeren Höhen noch tiefster Winter, die weißen Abfahten schlängeln sich durch die frühlingshafte Vegetation ins Tal. Die Wurzealm Frauenkar Abfahrt hätte man bestimmt noch gut fahren können, genau so wie bei den Liften in Hinterstoder ab der Mittelstation. Dort heißt es übrigens sehr aufpassen, denn die Gleitschirmflieger sind in großer Anzahl in allen Höhen unterwegs. Es wird immer wieder berichtet, dass von Vorderstoder durch das Warscheneck eine Verbindung gebaut werden soll. Vom Flugzeug aus ist das gut nachzuvollziehen, allein mir fehlt der Glaube, dass sich diese hohe Investition rechnet.
Vorbei an der Spitzmauer, dem Hohen und Niederen Priel flogen wir über das Sensengebirge wieder zurück in Richtung Heimat. Bereits nach der Hohen Nock reduzierten wir die Leistung, um im langen Gleitflug das Mostviertel zu erreichen. Nach einer Ehrenrunde über Haag, der Landeanflug nach Seitenstetten. Ein eindrucksvoller Flug, bei dem wir in kurzer Zeit viel Interessantes sehen konnten, war wieder zu Ende. Der nächste Flug wird uns nach Slowenien und Ungarn – nahe der rumänischen Grenze – auf mehrere Flugplätze führen. Wir freuen uns darauf.
Empfehlung an unsere Vereinskameraden: Ein problemloser Halbtagsflug, bei dem man viel sehen und erleben kann!
Text: Wolfgang Grabner
Fotos: E. Grabner
14.04.2015